Mitgliederausstellung 2024
Künstlerhaus Wien
Der Ausgangspunkt meiner Installation war die Frage, um die diese Ausstellung kreist: was läßt uns heute noch staunen, was ist das Einzigartige unserer Zeit, was finden wir heute in einer WUNDERKAMMER? Gestaunt habe ich damals, im Herbst 2023, über die für mich neuen Möglichkeiten der KI, aufgrund von textlichen Vorgaben (prompts) Bilder zu generieren. Ich fragte mich, was passieren würde, wenn ich den von Günther Oberhollenzer verfassten Einladungstext zu dieser WUNDERKAMMER Ausstellung selbst zum prompt machen würde? Damit begann meine künstlerische Auseinandersetzung – die Interaktion mit KI generierten Bildern.
Basierend auf der Grundlage des Ausstellungstextes ließ ich von dem frei im Netz verfügbaren KI-Bildgenerator mage.space Bilder erstellen, wobei es zu Beginn auch noch eine weitere Vorgabe für die KI gab: mein eigenes Werk Das erste Bild (2009) sollte als stilistische Basis dienen. Diejenigen der von mage.space generierten Bilder, die mich besonders ansprachen, habe ich anschließend mit meinen eigenen künstlerischen Mitteln interpretiert. Sowohl die KI-generierten Bilder als auch meine auf sie bezogenen Zeichnungen wiesen für mich überraschende thematische Resonanzen zu früheren Arbeiten von mir, wie Lichtung (2019) und Das letzte Bild (2019), auf. Diese beiden Werke habe ich dann wiederum der KI als Grundlage zur Erstellung neuer Bilder vorgelegt. Es entwickelte sich also eine Art bildlicher Dialog zwischen meinen und den KI-generierten Bildern.
Es war das erste Mal, dass ich mich intensiv mit einer bilderzeugenden KI beschäftigt habe. Anfängliche Bedenken gegenüber dieser neuen Technologie – ähnlich wie sie Baudelaire im 19. Jahrhundert gegenüber der Fotografie äußerte – wandelten sich in eine produktive Auseinandersetzung. Ich staune über das neue Medium und nutze die KI als eine Quelle der Inspiration. Dabei wird deutlich, dass auch diese Technologie erst im Gebrauch begriffen wird; in diesem Fall ein Begreifen durch die künstlerische Auseinandersetzung.
Die eigenartige Ästhetik der generierten Bilder, geprägt von meist deformierten Gliedmaßen und überraschenden Kompositionselementen, betrachte ich als charakteristische Stilmerkmale der KI und lasse sie in meinen künstlerischen Prozess einfließen. In der Betrachtung der generierten Bilder offenbart sich ein faszinierendes Paradoxon: Während die KI mühelos komplexe visuelle Muster erzeugt, scheint sie gleichzeitig grundlegende menschliche Konzepte wie die Anatomie manchmal nur rudimentär zu verstehen. Gleicht ihr Lernprozess vielleicht dem eines Kindes, das die Welt um sich herum entdeckt und erst zu begreifen lernt? Und liegt hier vielleicht eine Chance zu künstlerischer Forschung: die Möglichkeit, die Entwicklung einer Form von kreativer Intelligenz zu reflektieren?
Um genau diesen Entwicklungsprozess auch in meinen Bildern zu dokumentieren, verwende ich, angelehnt an die Protokollsätze des Wiener Kreises, Titel wie z.B. Gen 2023-11-01T13:35. Dies markiert, dass das KI-Bild am 1. November 2023 um 13:35 Uhr generiert wurde.
Wohin dieser Dialog zwischen meinen Möglichkeiten der Bildgestaltung und denen der KI führt, ist noch nicht abzusehen. Jedenfalls hat die zeitgenössische Wunderkammer, die KI, so in diese Ausstellung Eingang gefunden, sich in sie eingezeichnet.